Antwort ohne Frage

von Josephine Kullat

Angesehene Frau. Säugling wird zum Mädchen, zum Mutter-Mädchen, wird niedliche Alte.

Ich stricke. Das Strickzeug ist älter und schmutzig. So soll es sein. Ich folge einem schlechten Rapport, begeistert. Meine Stricknadel ein Dorn, die Wolle drahtige Hysterie.

Frauen spielen auf. Trompeten, Posaunen und Brassen. Samtgedämpfter Klang. Verborgene Orchester-Bewerber. Heimlich Bewerberinnen. Abgesehen.

Mein Maschenhalter führte schon Viele in die Schlinge. Ungehaltene, unberingte Hände wie Schlangen um apfelfarbenem Faden.

Freie Frauen meinen Dinge. Männer besitzen die Wahrheit und schreiben Geschichte. Frauen wiegen Kinder, Männer die Demokratie. Sie stellen die Fragen, die Bühne, die Urne.

Nach meiner Antwort wurde nicht gefragt. Mein Maschenmarkierer findet sie trotzdem. Simone-ensauer, breitbeinig, laut.

Männer teilen (mit) uns, teilen aus. Ein Teil der Frauen arbeitet Teil. Weise behalten sie frei-Zeit für Putzen, Erziehen, Gebären, Stillen, Pflegen, Belehren, Kaufen und Kochen. Auf Augenhöhe, gerahmt und eingefangen, dokumentiert, gesehen. So gerne gesehen.

Sie bewirbt sich also ohne Foto um den ausgeteilten Job. Denn das ist gerecht. Der menschliche Fehler weicht künstlichem Wissen, allwissender Vater der gerechten KI. Endlich unfehlbar, Meinungsbefreit. Intelligenz speist aus tausenden Fotos, Büchern, Artikeln und Träumen von Männern ihr Wissen. Sie, die Spitze der Gaußschen Verteilung, findet die heilige Mitte. 

Mit „Mann“ ist die Frau jetzt mitgemeint. KI filtert unfehlbar den besten Bewerber heraus. Die Zensur der inneren Höfe, das Unverständnis der hohen Tonlage und die Größe der Wagen – ein Hall aus alten Zeiten trifft schwingendes Silizium.

Das Nadelmaß quillt über mich, fängt mich aus mir heraus und spricht. Niemand wird den roten Faden je zu Ende spinnen. Auch ich werde ein Teil der weibischen Wolle. Wir bilden eine Binde für Frauenleiden, legen uns eng um Männerköpfe.

Dann ziehen wir uns aus oder an, lange oder kürze Röcke, Tücher oder Glatzen, alt und jung, hässlich oder schön. Wir finden uns selbst in allen Herrenländern, sogar im Vaterland. Wir sprechen nie wieder in Augen.

Die Orchesterbewerberinnen treten hinterm Vorhang hervor und spielen auf.