Freie Meinung oder doch meinungsfrei?

von Luke Marten Keller

Hier in Deutschland leben wir in der Staatsform der Demokratie und das ist auch gut so. Ich würde nicht unbedingt behaupten, dass ich stolz darauf wäre, in Deutschland zu leben, aber sehr wohl, in einer Demokratie leben zu dürfen. Von gewissen politischen Geschehnissen und Entscheidungen wie Maskendeals, kollektives Keine-Ahnung-haben oder dem viel zu langsamen und zu späten Handeln gegenüber dem Klimawandel kann man halten, was man will, aber einen Kanzler zu haben, der ein Gedächtnis wie ein Schweizer Käse hat, ist auch nicht gerade der Hit. Und davon, dass einige Politiker sich mit Leuten, die offensichtlich ein oder zwei Sprünge in ihrem moralischen Kompass besitzen, geradezu auf Kuschelkurs begeben, möchte ich gar nicht anfangen. Seht ihr; persönliche Meinung, Kritik und Beschwerde so nah beieinander. Warum auch nicht, ist schließlich in einer Demokratie erlaubt. Die Freiheit, das zu tun und zu sagen, was auch immer man möchte, einzig und allein beschränkt durch die Richtlinien des Gesetzes. Die Freiheit des Menschen im Allgemeinen ist eines der höchsten und wichtigsten Güter in einem demokratischen Rechtsstaat. Die Freiheit, heute mal mit dem linken und nicht mit dem rechten Fuß den Tag zu beginnen, drei anstatt der üblichen zwei Croissants zu kaufen oder in einem pinken Ballettoutfit die Straße herunterzulaufen und fröhlich dein Lieblingslied zu singen. Gut, eigentlich nichts besonderes und beim letzten Punkt stellt sich eher die Frage, ob man von seinen Nachbarn für verrückt erklärt oder polizeilich angezeigt wird, aber diese Dinge sind es, die bedeutsam sind. Niemand schreibt dir vor, was du zu denken, zu sagen oder zu tun hast. Ist doch erstmal egal, ob du so etwas machst oder nicht. Die reine Möglichkeit der Aktion, du könntest, wenn du wolltest, das ist es, was Freiheit für mich ausmacht. Wie ich immer als mein Alter Ego „Jesus“ auf Partys zu predigen pflege: „Lebe so, wie du es für richtig erachtest. Dabei ein bisschen an die Gesetze halten, deinen Mitmenschen nicht komplett auf den Sack gehen und ihnen helfen, wenn sie Hilfe brauchen.“ Ich möchte meine Meinung niemandem aufzwingen, aber überlegt doch einmal, was diese Philosophie mit sich brächte: Das Ende von Rassismus, Antisemitismus, vielen Kriegen und was weiß ich noch alles. Der Beginn einer friedlichen und freien Welt. Entscheidungen bezüglich der eigenen Person treffen und dann auch tatsächlich ausführen zu können, das ist Freiheit. Und diese Freiheit, die Möglichkeit sich zu entfalten und wirklich zu leben, ist ein Recht, das jeder sollte beanspruchen können, aber leider nicht jeder tatsächlich besitzt. Es gibt Orte auf der Welt, an denen du dafür hingerichtet wirst, wenn du deine Meinung äußerst. Und wenn diese dann auch noch irgendetwas kritisiert oder hinterfragt, wird das keine langsame Hinrichtung. Erdachte Konzepte wie die Menschenrechte sind das, was sie sind, nämlich von Menschen erdachte Konzepte. Sie wurden erfunden, um das Leben der Menschen untereinander zu regeln. Rechte und daraus resultierende Freiheiten und Pflichten sind eine Idee, aber was, wenn dir diese Idee nicht gefällt? Was passiert, wenn du eine andere Idee hast und du in deinem Land deine Idee umsetzt und nicht die andere? Dann gelten in deinem Land keine Menschenrechte mehr, dein Wort ist Gesetz. Die Menschen in diesem Land müssen nun in Unterdrückung damit leben, flüchten (und das Risiko eingehen, dabei verletzt oder getötet zu werden) oder sich dagegen wehren (und das Risiko eingehen, dabei getötet zu werden). Für welche dieser drei Optionen man sich entscheidet, sei jedem frei gestellt… Was ich damit zu erklären versuchte: Meiner Meinung nach sind rechtliche Freiheiten und Pflichten eine nichtgreifbare Vorstellung in unseren Köpfen. Wir können Freiheiten, wie die der Meinungsäußerung, nicht anfassen, sondern nur ausführen und nutzen. Gesetze sind nichts weiter als ein bedrucktes Stück Papier. Es sind wir, die Bevölkerung, die diesen Gesetzen Macht verleihen, in dem wir uns an sie halten. Man stelle sich vor, was passieren würde, wenn wir das auf einmal nicht mehr täten…

Bedauerlicherweise hat, wie alles auf diesem Planeten, auch die Freiheit ein Ende. Nicht, weil sie nicht mehr gültig ist. Sondern weil es schlicht nicht nur einen, sondern mittlerweile  acht Milliarden anderer hirnloser Sauerstoffkonsumenten auf der Erde gibt, die alle ihren rechtmäßigen Teil der Freiheit ergattern wollen. Noch schlimmer, sie wollen alle ihre eigene Freiheit haben. Dabei ist es eigentlich genauso, wie es uns von klein auf erzählt wird: Die Freiheit des einen hört dort auf, wo die Freiheit des anderen anfängt. Warum es uneigentlich auch anders ist, habe ich bereits beschrieben. Aber es gibt noch einen weiteren Aspekt, der die Freiheit nicht direkt beschneidet, aber deutlich in ihre Schranken weist. Es ist zwar ein legitimes Argument, jedoch auch eine Karte, die (meines Erachtens nach) manchmal zu oft und zu schnell gespielt wird. Es ist der Punkt, an dem sich eine oder mehre Personen von der Meinung eines anderen angegriffen oder verletzt fühlen. Dies ist wie gesagt ein verständlicher Punkt, etwa wenn die geäußerte Meinung ganz klar eine Beleidigung oder gezielte Formulierung enthält, die als Beleidung aufgefasst werden kann. Zudem kann diese Meinung inhaltlich aus verfassungswidrigen Aussagen oder Aufforderungen zu Straftaten bestehen. Allerdings kann man, wenn man sich nur lange genug mit ihr beschäftigt, in jeder Aussage irgendwo irgendeine negative Meinung über irgendjemanden finden. Dieses künstliche Hineininterpretieren wird oft genutzt, um Menschen zu Unrecht zu beschuldigen, sie hätten etwas gegen Person X oder Gruppierung Y gesagt. Um sie zu „canceln“, wie man heutzutage gerne dazu sagt. Wenn du deine Meinung äußerst, solltest du das also gefälligst bedenken, du unsensibler und asozialer Mensch. Manche werden jetzt aufbegehren („Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!“), aber dazu gibt es keinen Grund. Deine Meinung sollte keine direkte Beleidung oder Aufforderung zum Mord sein und Kritik bitte sachlich und konstruktiv wiedergeben. Kann sein, dass ich etwas verpasst habe, aber sollte das nicht eigentlich der normale Umgang der Menschen miteinander sein? Ja, Unterschied zwischen eigentlich und uneigentlich, ich weiß… Natürlich darfst du das noch sagen. Solange es eben keine Beleidung, Aufforderung zu einer Straftat oder unsachgemäße Kritik ist, darfst du das noch sagen. Das Einzige, das du nicht darfst, ist anzunehmen, dass dir niemand widersprechen wird, dass niemand versuchen wird, mit dir zu diskutieren. Es wird immer jemanden geben, der deiner Meinung nicht zustimmen wird, oder glaubst du, dass alle acht Milliarden Homo Sapiens immer derselben Meinung sind? Spoiler Alarm: Nein. Tja, das ist die Eine Millionen Euro Frage: Wie stellt man sicher, dass meine Meinung auch als Meinung und nicht als Beleidigung verstanden wird? Lasst die Frage mal auf euch wirken und beantwortet sie selbst. Fertig? Gut, hier kommt meine Antwort: Kommunikation und gegenseitiges Verständnis. Wenn du denkst, jemand hat dich mit seiner Äußerung beleidigt, dann frag die Person, wie sie ihre Aussage gemeint hat. In den meisten Fällen hast du nämlich die Beleidung nur in die Aussage hineininterpretiert, obwohl sie gar nicht vorhanden war. Und wenn du einmal die genauere Erläuterung der Aussage hast, kommt das Verständnis ins Spiel. Du musst verstehen und akzeptieren, was die andere Person dir gesagt hat. Wenn du etwas falsch verstanden hast, musst du zu deinem Fehler stehen. Wenn du jedoch recht hattest und die Beleidung sehr wohl vorhanden war, musst du das logischerweise nicht mehr einfach so hinnehmen. Ich will hier aber nicht die ganze Schuld an den Hörer der Meinung abschieben, einen Teil der Schuld trägt nach wie vor die Person, die ihre Meinung geäußert hat, siehe Beleidung. Wenn die Menschen einfach mal nachfragen, denken und vor allem mal mit- und nachdenken würden, wäre die Welt ein so viel besserer Ort. Entspannter, besonnener, umweltfreundlicher und vielleicht sogar freier. Frei von Cancel-Culture, frei von den meisten Ungerechtigkeiten, frei von Vorurteilen, frei von der Unfreiheit. Und dann schaut man aus dem Fenster bzw. aus der eigenen Meinungsbubble heraus und sieht die Wirklichkeit. Armut, Hungersnöte, Klimawandel, diese verdammte Pandemie, Krieg und dann auch noch ein ganz besonderer Krieg: Der Ein-Mann-Feldzug gegen die Ukraine, gestartet von einem Vodka saufendem Clown in Moskau. Mal ehrlich, es gibt keinen Grund mehr, nüchtern zu sein. Dann wäre jetzt doch ein guter Zeitpunkt, das mit der Legalisierung von Cannabis und so… Okay, scheint so, als wäre ich da ein bisschen abgeglitten. Aber hey, dank der Meinungsfreiheit ist es vollkommen mir überlassen, was ich schreibe. Andernfalls würde ich hier gerne anmerken, mein Honorar für diesen Propagandabeitrag bitte in bar, ich akzeptiere keine Schecks.