Unerhört

von Kathrin Thenhausen

Münder, mit dem Öffnen
abgeschlossen.
Die Zunge hat sich im Gaumen verfangen,
dem Arzt sage ich,
ich hätte meine Stimme verschluckt.
Sie suchen im OP vergeblich nach Worten.
Gipsen mein Herz ein, Prophylaxe, die
Notlandung der Lungenflügel.
Meinen Eltern im Warteraum empfehlen sie
Zimmerruhe, wir teilen uns die Stille:
jeder eine Gabel mit Sahnebelag.

Monate lag ich und Jahre der Adoleszenz
auf dem Gras, das einst Wiese war, da habe ich als Kind
mal mit der Ehrlichkeit gespielt.
Einmal dann nachts, schlich ich mich raus,
einer sprühte seine Stimme an die Wand,
malte sie aus.
Schenkte mir Gehör und da war mir,
als hätte ich Worte.
Nun verdichte ich
nachts des Tages Bedeutungslosigkeit
in das, das niemand sagt,
die Ärzte sind überrascht und sagen,
ich sähe gesund aus.
(Stand heute: Das Graffiti wurde noch nicht übermalt.)