Der Puppenspieler – Wie frei können Worte sein?

von Sophia Haberpeuntner

Die meine Meinung und die Deine, wie frei ist die? Und in welchen Händen liegt sie, diese Freiheit? Wer entscheidet über den Zustand der Abhängigkeit, in welchem sich so viele von uns bewegen, und welche Rolle spielt Angst im Ensemble der Beeinflussung?
Kaum etwas ist prägender für uns Menschen als das permanente Streben nach Sicherheit. Denn wenn wir es nicht vermögen uns diese selbst zu geben, so suchen wir im Außen begierig nach Ersatz. Wie eine Puppe den Faden braucht, um den Halt nicht zu verlieren, ketten wir uns selbst an Vorstellungen und Archetypen, um unserem Weltbild und folglich uns selbst, Bestätigung zu verschaffen. Hängen wir erst einmal fest, so ist es an dem Puppenspieler, seine Bühne zu gestalten. Je mehr Ideale, je mehr Einteilung entsteht, desto einfacher wird es für ihn die Puppen durch die Spirale der Abhängigkeit zu dirigieren. Er braucht lediglich die Schablonen zu sortieren. Zu sortieren In anständig und obszön. In bewundernswert und abstoßend. In links und rechts.
So kommt es, dass sich der innere Punkt der Orientierung mit nahtlosem Übergang nach außen kehrt, in eine endlose Frage des Standes. Ist es noch angesehen genug? Oder schon zu verpönt? Anstelle sich der Stimmigkeit des Wortes zu berufen, wird nunmehr versucht sich mit dem Prestige des Satzes zu identifizieren. Demgemäß schweben wir vorbei am roten Samt des Theaters, getrieben von der Überzeugung der eigenen Moral und dem Wunsch, dem Guten, der Wahrheit zu folgen. Und alles geschieht exakt in der Reihenfolge, in der es sich der Puppenspieler erträumt, ohne auch nur einen der unbemerkten Fäden selbst zu berühren.
Nicht die Möglichkeit auf freie Äußerung ist es, was Meinungsfreiheit ausmacht. Vielmehr ist es die Gewissheit, dass auf jenes Kundtun der Gedanken keine Konsequenz folgen wird, die uns selbst in unserem weiteren Handeln einschränken könnte. Und nicht die Gebote sind es, die diese Freiheit einschränken, nicht das Gesetzt, welches uns die Sprache verschlagen lässt. Einzig und allein die Angst vermag es, uns unsere ursprüngliche Freiheit vergessen zu lassen und Halt an den dargebotenen Regeln zu suchen. Wegzuhören wenn es nicht den willkommenen Erwartungen entspricht und zu applaudieren, wenn doch. Und so hält der die Schnüre der Puppe in der Hand, der es versteht, die Samen der Angst in den Köpfen der Menschen zu säen.
Ist die meine Meinung und die Deine also frei? Solange wir den Zuspruch der Menge ersehnen und die Reaktion auf die Worte höher werten als die Intention, mit der wir sie sprachen, befinden wir uns fernab jeglicher Freiheit. Doch der Angst zum Trotz vermögen wir es uns von unseren Fäden zu lösen und die Freiheit anzunehmen. So liegt die Freiheit deiner Worte, die Freiheit deines Seins zuletzt doch immer in deinen eigenen Händen.